Artikel 5
Der
Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegende Verbrechen
(1) Die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs ist auf
die schwersten Verbrechen beschränkt, welche die internationale Gemeinschaft
als Ganzes berühren. Die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs erstreckt sich in
Übereinstimmung mit diesem Statut auf folgende Verbrechen:
a) das Verbrechen des Völkermords;
b) Verbrechen gegen die Menschlichkeit;
c) Kriegsverbrechen;
d) das Verbrechen der Aggression.
(2) Der Gerichtshof übt die Gerichtsbarkeit über
das Verbrechen der Aggression aus, sobald in Übereinstimmung mit den Artikeln
121 und 123 eine Bestimmung angenommen worden ist, die das Verbrechen definiert
und die Bedingungen für die Ausübung der Gerichtsbarkeit im Hinblick auf dieses
Verbrechen festlegt. Diese Bestimmung muss mit den einschlägigen Bestimmungen
der Charta der Vereinten Nationen vereinbar sein.
Artikel 6
Völkermord
Im Sinne dieses Statuts bedeutet
"Völkermord" jede der folgenden Handlungen, die in der Absicht
begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als
solche ganz oder teilweise zu zerstören:
a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe;
b) Verursachung von schwerem körperlichem
oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe;
c) vorsätzliche Auferlegung von
Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche
Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen;
d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die
Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind;
e) gewaltsame Überführung von Kindern der
Gruppe in eine andere Gruppe.
Artikel 7
Verbrechen
gegen die Menschlichkeit
(1) Im Sinne dieses Statuts bedeutet
"Verbrechen gegen die Menschlichkeit" jede der folgenden Handlungen,
die im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die
Zivilbevölkerung und in Kenntnis des Angriffs begangen wird:
a) vorsätzliche Tötung;
b) Ausrottung;
c) Versklavung;
d) Vertreibung oder zwangsweise
Überführung der Bevölkerung;
e) Freiheitsentzug oder sonstige schwer
wiegende Beraubung der körperlichen Freiheit unter Verstoß gegen die
Grundregeln des Völkerrechts;
f) Folter;
g) Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei,
Nötigung zur Prostitution, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation oder
jede andere Form sexueller Gewalt von vergleichbarer Schwere;
h) Verfolgung einer identifizierbaren
Gruppe oder Gemeinschaft aus politischen, rassischen, nationalen, ethnischen,
kulturellen oder religiösen Gründen, Gründen des Geschlechts im Sinne des
Absatzes 3 oder aus anderen nach dem Völkerrecht universell als unzulässig
anerkannten Gründen im Zusammenhang mit einer in diesem Absatz genannten
Handlung oder einem der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegenden
Verbrechen;
i) zwangsweises Verschwindenlassen von
Personen;
j) das Verbrechen der Apartheid;
k) andere unmenschliche Handlungen
ähnlicher Art, mit denen vorsätzlich große Leiden oder eine schwere
Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der geistigen oder
körperlichen Gesundheit verursacht werden.
Artikel 8
Kriegsverbrechen
(1) Der Gerichtshof hat Gerichtsbarkeit in Bezug
auf Kriegsverbrechen, insbesondere wenn diese als Teil eines Planes oder einer
Politik oder als Teil der Begehung solcher Verbrechen in großem Umfang verübt
werden.
(2) Im Sinne dieses Statuts bedeutet
"Kriegsverbrechen"
a) schwere Verletzungen der Genfer
Abkommen vom 12. August 1949, nämlich jede der folgenden Handlungen gegen
die nach dem jeweiligen Genfer Abkommen geschützten Personen oder Güter:
i) vorsätzliche Tötung;
ii) Folter oder unmenschliche Behandlung
einschließlich biologischer Versuche;
iii) vorsätzliche Verursachung großer
Leiden oder schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der
Gesundheit;
iv) Zerstörung und Aneignung
von Eigentum [8] in großem Ausmaß, die durch militärische
Erfordernisse nicht gerechtfertigt sind und rechtswidrig und willkürlich
vorgenommen werden;
v) Nötigung eines Kriegsgefangenen oder
einer anderen geschützten Person zur Dienstleistung in den Streitkräften einer
feindlichen Macht;
vi) vorsätzlicher Entzug des Rechts eines
Kriegsgefangenen oder einer anderen geschützten Person auf ein unparteiisches
ordentliches Gerichtsverfahren;
vii) rechtswidrige
Vertreibung oder Überführung [9] oder rechtswidrige Gefangenhaltung;
viii) Geiselnahme;
b) andere schwere Verstöße gegen die
innerhalb des feststehenden Rahmens des Völkerrechts im internationalen
bewaffneten Konflikt anwendbaren Gesetze und Gebräuche, nämlich jede der
folgenden Handlungen:
i) vorsätzliche Angriffe auf die
Zivilbevölkerung als solche oder auf einzelne Zivilpersonen, die an den
Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen;
ii) vorsätzliche Angriffe auf zivile
Objekte, das heißt auf Objekte, die nicht militärische Ziele sind;
iii) vorsätzliche Angriffe auf Personal,
Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge, die an einer humanitären
Hilfsmission oder friedenserhaltenden Mission in Übereinstimmung mit der Charta
der Vereinten Nationen beteiligt sind, solange sie Anspruch auf den Schutz
haben, der Zivilpersonen oder zivilen Objekten nach dem internationalen Recht
des bewaffneten Konflikts gewährt wird;
iv) vorsätzliches Führen eines Angriffs
in der Kenntnis, dass dieser auch Verluste an Menschenleben, die Verwundung von
Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder weit reichende,
langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird,
die eindeutig in keinem Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und
unmittelbaren militärischen Vorteil stehen;
v) der Angriff auf unverteidigte Städte,
Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, die nicht militärische Ziele sind, oder deren
Beschießung, gleichviel mit welchen Mitteln;
vi) die Tötung oder Verwundung eines die
Waffen streckenden oder wehrlosen Kombattanten, der sich auf Gnade oder Ungnade
ergeben hat;
vii) der Missbrauch der
Parlamentärflagge, der Flagge oder der militärischen Abzeichen oder der Uniform
des Feindes oder der Vereinten Nationen sowie der Schutzzeichen der Genfer
Abkommen, wodurch Tod oder schwere Verletzungen verursacht werden;
viii) die unmittelbare oder mittelbare
Überführung durch die Besatzungsmacht eines Teiles ihrer eigenen
Zivilbevölkerung in das von ihr besetzte Gebiet oder die Vertreibung oder
Überführung der Gesamtheit oder eines Teiles der Bevölkerung des besetzten Gebiets
innerhalb desselben oder aus diesem Gebiet;
ix) vorsätzliche Angriffe auf Gebäude,
die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der
Wohltätigkeit gewidmet sind, auf geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und
Sammelplätze für Kranke und Verwundete, sofern es nicht militärische Ziele
sind;
x) die körperliche Verstümmelung von
Personen, die sich in der Gewalt einer gegnerischen Partei befinden, oder die
Vornahme medizinischer oder wissenschaftlicher Versuche jeder Art an diesen
Personen, die nicht durch deren ärztliche, zahnärztliche oder Krankenhausbehandlung
gerechtfertigt sind oder in ihrem Interesse durchgeführt werden und die zu
ihrem Tod führen oder ihre Gesundheit ernsthaft gefährden;
xi) die meuchlerische Tötung oder
Verwundung von Angehörigen des feindlichen Volkes oder Heeres;
xii) die Erklärung, dass kein Pardon
gegeben wird;
xiii) die Zerstörung oder
Beschlagnahme feindlichen Eigentums [10] , sofern diese nicht durch die
Erfordernisse des Krieges zwingend geboten ist;
xiv) die Erklärung, dass Rechte und
Forderungen von Angehörigen der Gegenpartei aufgehoben, zeitweilig ausgesetzt
oder vor Gericht nicht einklagbar sind;
xv) der Zwang gegen Angehörige der
Gegenpartei, an den Kriegshandlungen gegen ihr eigenes Land teilzunehmen,
selbst wenn sie bereits vor Ausbruch des Krieges im Dienst des Kriegführenden
standen;
xvi) die Plünderung einer Stadt oder
Ansiedlung, selbst wenn sie im Sturm genommen wurde;
xvii) die Verwendung von Gift oder
vergifteten Waffen;
xviii) die Verwendung erstickender,
giftiger oder gleichartiger Gase sowie aller ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffe
oder Vorrichtungen;
xix) die Verwendung von Geschossen, die
sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen oder flachdrücken, beispielsweise
Geschosse mit einem harten Mantel, der den Kern nicht ganz umschließt oder mit
Einschnitten versehen ist;
xx) die Verwendung von Waffen,
Geschossen, Stoffen und Methoden der Kriegführung, die geeignet sind,
überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursachen, oder die unter
Verstoß gegen das internationale Recht des bewaffneten Konflikts ihrer Natur
nach unterschiedslos wirken, vorausgesetzt, dass diese Waffen, Geschosse,
Stoffe und Methoden der Kriegführung Gegenstand eines umfassenden Verbots und
aufgrund einer Änderung entsprechend den einschlägigen Bestimmungen in den
Artikeln 121 und 123 in einer Anlage dieses Statuts enthalten sind;
xxi) die Beeinträchtigung der
persönlichen Würde, insbesondere eine entwürdigende und erniedrigende
Behandlung;
xxii)Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei,
Nötigung zur Prostitution, erzwungene Schwangerschaft im Sinne des
Artikels 7 Absatz 2 Buchstabe f, Zwangssterilisation oder jede
andere Form sexueller Gewalt, die ebenfalls eine schwere Verletzung der Genfer
Abkommen darstellt;
xxiii) die Benutzung der Anwesenheit
einer Zivilperson oder einer anderen geschützten Person, um Kampfhandlungen von
gewissen Punkten, Gebieten oder Streitkräften fernzuhalten;
xxiv) vorsätzliche Angriffe auf Gebäude,
Material, Sanitätseinheiten, Sanitätstransportmittel und Personal, die in
Übereinstimmung mit dem Völkerrecht mit den Schutzzeichen der Genfer Abkommen
versehen sind;
xxv) das vorsätzliche Aushungern von
Zivilpersonen als Methode der Kriegführung durch das Vorenthalten der für sie
lebensnotwendigen Gegenstände, einschließlich der vorsätzlichen Behinderung von
Hilfslieferungen, wie sie nach den Genfer Abkommen vorgesehen sind;
xxvi) die Zwangsverpflichtung oder
Eingliederung von Kindern unter fünfzehn Jahren in die nationalen Streitkräfte
oder ihre Verwendung zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten
Artikel 28
Verantwortlichkeit
militärischer Befehlshaber und anderer Vorgesetzter
Neben anderen Gründen für die strafrechtliche
Verantwortlichkeit aufgrund dieses Statuts für der Gerichtsbarkeit des
Gerichtshofs unterliegende Verbrechen gilt folgendes:
a) Ein militärischer Befehlshaber oder
eine tatsächlich als militärischer Befehlshaber handelnde Person ist
strafrechtlich verantwortlich für der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs
unterliegende Verbrechen, die von Truppen unter seiner oder ihrer tatsächlichen
Befehls- beziehungsweise Führungsgewalt und Kontrolle als Folge seines oder
ihres Versäumnisses begangen wurden, eine ordnungsgemäße Kontrolle über diese
Truppen auszuüben, wenn
i) der betreffende militärische
Befehlshaber oder die betreffende Person wusste oder aufgrund der zu der Zeit
gegebenen Umstände hätte wissen müssen, dass die Truppen diese Verbrechen
begingen oder zu begehen im Begriff waren, und
ii) der betreffende militärische
Befehlshaber oder die betreffende Person nicht alle in seiner oder ihrer Macht
stehenden erforderlichen und angemessenen Maßnahmen ergriff, um ihre Begehung
zu verhindern oder zu unterbinden oder die Angelegenheit den zuständigen
Behörden zur Untersuchung und Strafverfolgung vorzulegen.
b) In Bezug auf unter Buchstabe a
nicht beschriebene Vorgesetzten- und Untergebenenverhältnisse ist ein
Vorgesetzter strafrechtlich verantwortlich für der Gerichtsbarkeit des
Gerichtshofs unterliegende Verbrechen, die von Untergebenen unter seiner tatsächlichen
Führungsgewalt und Kontrolle als Folge seines Versäumnisses begangen wurden,
eine ordnungsgemäße Kontrolle über diese Untergebenen auszuüben, wenn
i) der Vorgesetzte entweder wusste, dass
die Untergebenen solche Verbrechen begingen oder zu begehen im Begriff waren,
oder eindeutig darauf hinweisende Informationen bewusst außer acht ließ;
ii) die Verbrechen Tätigkeiten betrafen,
die unter die tatsächliche Verantwortung und Kontrolle des Vorgesetzten fielen,
und
iii) der Vorgesetzte nicht alle in seiner
Macht stehenden erforderlichen und angemessenen Maßnahmen ergriff, um ihre
Begehung zu verhindern oder zu unterbinden oder die Angelegenheit den
zuständigen Behörden zur Untersuchung und Strafverfolgung vorzulegen.
Artikel 29
Nichtanwendbarkeit
von Verjährungsvorschriften
Die der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs
unterliegenden Verbrechen verjähren nicht.
Artikel 33
Anordnungen
Vorgesetzter und gesetzliche Vorschriften
(1)Die Tatsache, dass ein der
Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegendes Verbrechen auf Anordnung einer
Regierung oder eines militärischen oder zivilen Vorgesetzten begangen wurde,
enthebt den Täter nicht der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, es sei denn
a) der Täter war gesetzlich verpflichtet,
den Anordnungen der betreffenden Regierung oder des betreffenden Vorgesetzten
Folge zu leisten,
b) der Täter wusste nicht, dass die
Anordnung rechtswidrig ist, und
c) die Anordnung war nicht offensichtlich
rechtswidrig.
(2) Anordnungen zur Begehung von
Völkermord oder von Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind im Sinne dieses
Artikels offensichtlich rechtswidrig
Artikel 68
Schutz der
Opfer und Zeugen und ihre Teilnahme am Verfahren
(1) Der Gerichtshof trifft geeignete
Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit, des körperlichen und seelischen Wohles,
der Würde und der Privatsphäre der Opfer und Zeugen. Dabei zieht der
Gerichtshof alle maßgeblichen Umstände in Betracht, namentlich Alter, Geschlecht
im Sinne des Artikels 7 Absatz 3 und Gesundheitszustand sowie die Art
des Verbrechens, insbesondere, jedoch nicht ausschließlich, soweit es mit
sexueller oder geschlechtsspezifischer Gewalt oder Gewalt gegen Kinder
zusammenhängt. Der Ankläger trifft diese Maßnahmen insbesondere während der
Ermittlungen und der Strafverfolgung solcher Verbrechen. Diese Maßnahmen dürfen
die Rechte des Angeklagten sowie die Fairness und Unparteilichkeit des
Verfahrens nicht beeinträchtigen oder damit unvereinbar sein.
(2) Als Ausnahme vom Grundsatz der
öffentlichen Verhandlung nach Artikel 67 können die Kammern des
Gerichtshofs zum Schutz der Opfer und Zeugen oder des Angeklagten einen Teil
des Verfahrens unter Ausschluss der Öffentlichkeit führen oder die Vorlage von
Beweisen mittels elektronischer oder sonstiger besonderer Mittel gestatten.
Diese Maßnahmen werden insbesondere im Fall eines Opfers sexueller Gewalt oder
eines Kindes getroffen, das Opfer oder Zeuge ist, es sei denn, der Gerichtshof
ordnet unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Auffassungen der
Opfer oder Zeugen, etwas anderes an.
(3) Sind die persönlichen Interessen der
Opfer betroffen, so gestattet der Gerichtshof, dass ihre Auffassungen und
Anliegen in von ihm für geeignet befundenen Verfahrensabschnitten in einer
Weise vorgetragen und behandelt werden, welche die Rechte des Angeklagten sowie
die Fairness und Unparteilichkeit des Verfahrens nicht beeinträchtigt oder
damit unvereinbar ist. Diese Auffassungen und Anliegen können in
Übereinstimmung mit der Verfahrens- und Beweisordnung von den gesetzlichen
Vertretern der Opfer vorgetragen werden, wenn der Gerichtshof dies für
angebracht hält.
(4) Die Abteilung für Opfer und Zeugen
kann den Ankläger und den Gerichtshof im Hinblick auf angemessene
Schutzmaßnahmen, Sicherheitsvorkehrungen, Beratung und Hilfe nach
Artikel 43 Absatz 6 beraten.
(5) Kann die Offenlegung von
Beweismitteln oder Informationen aufgrund dieses Statuts zu einer ernsten
Gefährdung der Sicherheit eines Zeugen oder seiner Familie führen, so kann der
Ankläger diese für die Zwecke jedes vor Eröffnung des Hauptverfahrens geführten
Verfahrens zurückhalten und statt dessen eine Zusammenfassung vorlegen. Diese
Maßnahmen müssen in einer Weise angewendet werden, welche die Rechte des
Angeklagten sowie die Fairness und Unparteilichkeit des Verfahrens nicht
beeinträchtigt oder damit unvereinbar ist.
(6) Ein Staat kann darum ersuchen, dass
die notwendigen Maßnahmen zum Schutz seiner Bediensteten oder Vertreter sowie
vertraulicher oder schutzwürdiger Informationen getroffen werden.
Artikel 75
Wiedergutmachung
für die Opfer
(1) Der Gerichtshof stellt Grundsätze für
die Wiedergutmachung auf, die an oder in Bezug auf die Opfer zu leisten ist,
einschließlich Rückerstattung, Entschädigung und Rehabilitierung. Auf dieser
Grundlage kann der Gerichtshof in seiner Entscheidung entweder auf Antrag oder
unter außergewöhnlichen Umständen aus eigener Initiative den Umfang und das
Ausmaß des Schadens, Verlustes oder Nachteils feststellen, der den Opfern oder
in Bezug auf die Opfer entstanden ist, wobei er die Grundsätze nennt, aufgrund
deren er tätig wird.
(2) Der Gerichtshof kann eine Anordnung
unmittelbar gegen den Verurteilten erlassen, in der er die den Opfern oder in
Bezug auf die Opfer zu leistende angemessene Wiedergutmachung, wie
Rückerstattung, Entschädigung und Rehabilitierung, im einzelnen festlegt.
Gegebenenfalls kann der Gerichtshof
anordnen, dass die zuerkannte Wiedergutmachung über den in Artikel 79
vorgesehenen Treuhandfonds erfolgt.
(3) Vor Erlass einer Anordnung nach
diesem Artikel kann der Gerichtshof zu Eingaben seitens oder zugunsten des
Verurteilten, der Opfer, anderer interessierter Personen oder interessierter
Staaten auffordern, die er berücksichtigt.
(4) In Wahrnehmung seiner Befugnis nach
diesem Artikel kann der Gerichtshof, nachdem eine Person wegen eines der
Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegenden Verbrechens verurteilt worden
ist, entscheiden, ob es notwendig ist, Maßnahmen nach Artikel 93
Absatz 1 treffen zu lassen, um eine von ihm nach dem vorliegenden Artikel
erlassene Anordnung in Kraft zu setzen.
(5) Ein Vertragsstaat setzt eine nach
diesem Artikel ergangene Entscheidung in Kraft, als fände Artikel 109 auf
diesen Artikel Anwendung.
(6) Dieser Artikel ist nicht so
auszulegen, als beeinträchtige er die Rechte der Opfer nach einzelstaatlichem
Recht oder nach dem Völkerrecht.
Artikel 77
Anwendbare
Strafen
(1) Vorbehaltlich des Artikels110 kann
der Gerichtshof über eine Person, die wegen eines in Artikel 5 dieses Statuts
genannten Verbrechens verurteilt worden ist, eine der folgenden Strafen
verhängen:
a) eine zeitlich begrenzte
Freiheitsstrafe bis zu einer Höchstdauer von 30 Jahren;
b) eine lebenslange Freiheitsstrafe, wenn
dies durch die außergewöhnliche Schwere des Verbrechens und die persönlichen
Verhältnisse des Verurteilten gerechtfertigt ist.
(2) Neben der Freiheitsstrafe kann der
Gerichtshof folgendes anordnen:
a) eine Geldstrafe nach den in der
Verfahrens- und Beweisordnung enthaltenen Kriterien;
b) die Einziehung des Erlöses, des
Eigentums und der Vermögensgegenstände, die unmittelbar oder mittelbar aus
diesem Verbrechen stammen, unbeschadet der Rechte gutgläubiger Dritter